Die Seherin
Aslaug schickt Alrik zu Bram, damit er ihm mitteilt das Hel sich nicht wohl fühlt und die Nacht über bei ihr bleibt. So sorgt er sich nicht und Ivar kann Hel heimlich zum Festland bringen.
Er begleitet sie bis zum Haus der Seherin.
"Sei vorsichtig, Hel. Die Seherin sieht viel, aber sie gibt ihr Wissen nicht her, ohne einen Preis dafür zu verlangen. Ich werde hier auf dich warten."
"Hallo wer bist du denn? Bewachst du die Tür?"
"Lass sie rein, Kaz."
"Komm näher Hel, ich habe dich bereits erwartet."
"Du kennst meinen Namen?"
"Deine Mutter kam oft zu mir, um mir Kräuter zu bringen und dafür Tränke zu erbitten. Oder meinen Rat. Du bist hübsch geworden, kleine Hel. Du siehst genauso aus wie sie."
"Aber du bist nicht wegen der Kräuter gekommen. Ich kann es in deinen Augen sehen, du bist verliebt. Also geht es um einen jungen Mann."
"Mein Vater will nicht dass wir zusammen sind. Ich muss ihn überzeugen, dass er mich wirklich liebt, damit er seine Zustimmung gibt zu dieser Verbindung."
"Und der junge Mann will diese Verbindung auch?"
"Er hat gesagt, dass er mich liebt. Ich glaube ihm."
"Dann lass uns sehen, was die Götter mir über deinen Liebsten verraten. Doch das Wissen hat seinen Preis. Ich brauche etwas von deinem Blut."
"Mein Blut? Das ist dein Preis?"
"Im Blut liegt viel Kraft. Es wird mir die Macht geben, deine Zukunft zu sehen."
"Also gut, ich bin einverstanden."
"Hab keine Angst, es wird nicht weh tun."
Oh... ich dachte sie nimmt ein Messer....
"Dein Blut ist stark mein Kind. Ich kann seine Macht schon spüren."
"Die Schwäche ist nur vorrübergehend, aber du solltest dich setzen."
"Dann lass uns mal sehen. Hm... oh! Soso... der Sohn des Jarls."
"Na sowas...."
"Das sieht nicht gut aus...."
"Was? Was siehst du? Hat mein Vater doch recht?"
"Ich sollte sie dringend mal wieder putzen."
"Der kleine See an der Klippe von Windebay mit der heißen Quelle. Kennst du diesen Ort?"
"Ja, ich weiß wo das ist."
"Morgen ist Vollmond. Begib dich dorthin, wenn der Mond am Höchsten steht. Dann wirst du deine Antwort finden."
"Was? Was soll das heißen? Ist das alles?"
"Die Götter geben dir ihre Antwort, wenn du bereit bist ihnen zuzuhören. Und nun geh. Der Morgen graut und ich bin müde."
Jetzt bin ich noch verwirrter, als vorher. Warum habe ich mich dazu bloß überreden lassen?
"Als ob sie es glauben würde, wenn wir es ihr sagen. Sie muss es mit eigenen Augen sehen, nicht wahr Kaz?"
Ihr Götter. Endlich ist es soweit. Schon bald können wir
diesen Ort verlassen. Schon so lange sehne
ich mich nach diesem Tag.
In der nächsten Nacht.
Der Mond steht hell am Himmel. Es ist eine milde Nacht und alles ist still. Nur aus Richtung der heißen Quelle ertönt leises Gelächter und Geflüster.
Zwei junge Menschen, vertieft in ihr Liebesspiel. So ineinander versunken, dass sie von der Welt herum nichts wahr nehmen. Und auch nicht bemerken, dass sie nicht alleine sind.
Trotz ihrer Zweifel an den Worten der Seherin, ist Hel in der Nacht aus dem Haus geschlichen um zur Quelle zu gehen und ihre Antwort zu suchen. Sie hätte nicht geglaubt, dass sie sich so in ihre Seele brennen würde.
Domi. Domi wie er einer anderen die gleichen süßen Worte zuflüstert wie ihr, sie küsst, sie liebkost und ihr Lügen einflüstert, damit sie sich ihm hingibt. Sie kann den Blick nicht abwenden, wie festgefroren schaut sie zu während sie ihr Herz brechen fühlt.
Dann endlich kann sie sich von dem Anblick losreißen und läuft weg, bevor Domi sie doch noch bemerkt. Er soll nicht wissen, dass sie ihn gesehen hat.
Er hat ihr das Herz gebrochen, aber er soll nicht noch ihren Stolz brechen.
Zuhause vergräbt sie sich in ihren Fellen und weint sich in den Schlaf.
Obwohl sie kaum geschlafen hat und sich lieber den Rest ihres Lebens im Bett verstecken würde, steht sie frühmorgens auf und kümmert sich um den Garten.
Sie will stark sein, aber es dauert nicht lange und erneut bricht sie in Tränen aus.
Bram bleibt das nicht verborgen und er will wissen was mit ihr los ist.
Hel schämt sich fürchterlich und kann ihm nicht in die Augen sehen.
"Ich hätte auf dich hören sollen." ist alles was sie raus bekommt, dann fängt sie wieder an zu weinen.
Bram schließt seine Tochter fest in die Arme. "Alles wird wieder gut." versucht er sie zu trösten, aber noch kann Hel sich das nicht vorstellen. Dafür tut es zu weh.
Er wollte Hel vor Kummer beschützen, aber leider ist ihm das nicht gelungen. Manche Erfahrungen muss man eben selbst machen. Das gehört zum Erwachsen werden dazu. Auch wenn es weh tut.
Nur gut, dass sie es noch rechtzeitig gemerkt hat. Oder? Nein, Bram will gar nicht weiter darüber nachdenken.
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